Roadmap Phase I

Der Aufbau des Bildungsfernsehens für Afghanistan gliedert sich in mehrere Teilprojekte:

Phase I

Ziel:         Aufbau des Sendezentrums

Zeitraum: 01.06.2005 – 30.01.2006

Vorbereitende Arbeiten in Deutschland:

Beschaffung der nötigen Gerätschaften

Sicherung für den Transport

Vorbereitende Arbeiten in Herat:

Abreise des Vorausteams nach Verschiffung der Container in Hamburg (Zeitfenster: 4 Wochen)

Bezug des Studiogebäudes

Sicherung gegen Staub und Überhitzung

Aufbau des Sendemastes

Sicherstellung der Stromversorgung

Vertiefung der Kontakte mit den Institutionen vor Ort

Aufbauarbeiten in Deutschland:

Vorproduktion von Sendegrafiken, Trailern, etc.

Vorproduktion von Sendeprototypen

Akquise von Archivmaterial

Ausweitung der institutionellen Kontakte

Aufbau der PR-Abteilung, Website

Aufbauarbeiten in Herat:

Durchgeführt von einem vierköpfigen Ingenieur- und Technikerteam

Einrichtung des Studios (Video-, Licht- und Tontechnik)

Aufbau der Sendeanlage

Behebung eventueller Transportschäden

Installation der Antennenpanele

Sendetests, Sicherstellung der homogenen Empfangbarkeit

Warum Herat

Die Bedingungen für den Start eines Afghanischen Bildungsfernsehens sind nirgends so gut wie in Herat. Die Situation in der Stadt kommt dem Einstieg für die Arbeit in Afghanistan besonders zugute.

Medienspezifische Aspekte

Mit RTA und Tolu-TV gibt es bereits zwei empfangbare Fernsehsender in der Stadt. Das Medium ist verbreitet und anerkannt. Es wird herai-tv hier sicherlich leichter fallen, von der Bevölkerung akzeptiert zu werden. Die Bevölkerung ist an den Anblick von Kamerateams bereits gewöhnt, was die Sicherheitssituation für die Mitarbeiter erheblich verbessert. Herat ist eine der am dichtesten besiedelten Regionen in Afghanistan. Abhängig von der Wetterlage können hier mehr als 500.000 Menschen potentiell durch die Sendeanlage erreicht werden.

Gesellschaftliche Aspekte

Herat gilt seit der Herrschaft der Mogule im 15. Jhd. als kulturelles Zentrum Afghanistans. Die Wissenschaften haben hier eine lange Tradition und die Universität gehört zu den besten im Land. Die Menschen in Herat sind sehr stolz auf diese Sonderstellung und pflegen ein verhältnismäßig aufgeklärtes Weltbild. Die Analphabetenrate ist in der Region deutlich niedriger als andernorts. Zudem wurde Herat erst 1995 von den Taliban eingenommen. Zuvor stand es unter der Kontrolle der Nordallianz. Der radikale Islamismus ist hier nicht so tief in die Köpfe der Menschen eingedrungen wie in den ehemaligen Talibanhochburgen.

Politische Aspekte

Obwohl Afghanistan nach wie vor eines der unsichersten und instabilsten Länder dieser Erde ist, lassen sich doch bestimmte Problemregionen unterscheiden. Kabul, in seiner Funktion als Symbol für das untergegangene Talibanregime und als Brennpunkt für die westlichen Aktivitäten im Land, wird immer wieder das Opfer von Anschlägen und Unruhen. Ebenso Kandahar und die Provinzen im Südosten des Landes, in denen die Taliban nach wie vor eine gewichtige Rolle spielen.Herat, ganz im Nordwesten des Landes gelegen, ist alleine aufgrund der Distanz zu den kritischen Provinzen von den Unruhen nicht so sehr betroffen. Zudem hat sich die Sicherhheitslage in Herat und Umgebung seit der Entmachtung von Gouverneur Ismail Khan Ende 2004 nochmal deutlich entspannt.

 

Fernsehen Afghanistan

Legendär geworden ist die Geschichte, wie am 13. November 2001, am Tag als die Taliban aus Kabul flohen, Radio Afghanistan in den Äther zurückkehrte. Nachdem über 6 Jahre hinweg keine Musik abgespielt werden durfte, sendete Radio Afghanistan “Mein süßes Kabul” von Farhad Darya und nahm am nächsten Tag mit einer weiblichen Nachrichtensprecherin den regulären Sendebetrieb wieder auf.

Die Taliban verdammten das Fernsehen und reduzierten auch alle Radioaktivitäten auf den islamistischen Sender “Radio Sharia” so wurde während ihrer Herrschaft nahezu die gesamte Infrastruktur des staatlichen Fernsehsenders RTA zerstört. Heute verfügt RTA noch über 12 Sendeanlagen in den 34 Provinzen, 9 davon sind mittlerweile wieder in Betrieb und ermöglichen den regional begrenzten Empfang. Laut BBC werden jedoch immer wieder Vorwürfe laut, die Regierung nehme starken Einfluss auf die staatlichen Medien. Die Organisation “Reporter ohne Grenzen” berichtet zudem von regelmäßigen Represalien durch die nach wie vor extrem konservativen Gerichte.

Mit Ghoreyan TV nahm bereits 2003 im Westen von Afghanistan das erste unabhängige Bürgerfernsehen den Sendebetrieb auf. Mit einer selbstgebauten Sendeanlage ist das von einem lokalen Elektronikhändler betriebene Bürgerfernsehen immerhin im Umkreis von 5km um das Dorf Ghoreyan empfangbar und stößt auf große Resonanz unter der Bevölkerung.

Die ersten großangelegten privaten Initiativen zum Aufbau von lokalen Fernsehstationen gibt es seit 2004. “Aina-TV” mit Sitz in Sheberghan ist mittlerweile auch in den Hauptstädten der Provinzen Konduz, Samangan und Takhar im Norden des Landes empfangbar. Aina-TV unterhält eine enge Bindung zu den örtlichen Machthabern. Wer hinter Aina-TV steht ist nicht bekannt. Die Internationale Journalistenvereinigung (IFJ) nimmt an, dass es sich bei dem Besitzer um den Warlord General Rasid Dostum handelt, der sich 2004 mit um die Präsidentschaft bewarb.

Unter dem Namen “Afghan-TV” ging im Mai 2004 der erste afghanische Unterhaltungssender in Kabul auf Sendung. Der Unternehmer Ahmad Shah Afghanzai baute diesen ersten Versuch eines werbefinanzierten Senders vor allem auf der Ausstrahlung von Musiksendungen und indischen Spielfilmen auf und erntet regelmäßige Kritik der konservativen Kräfte für die Darstellung leicht bekleiderter Tänzerinnen.

Der dritte Privatsender, “Tolu-TV” ist außer in Kabul seit Anfang 2005 auch in Herat zu empfangen. Finanziert durch einen afghanischen Mobilfunkbetreiber stößt auch diese, für afghanische Verhältnisse aggressive, Form des Musikfernsehen von Tolu-TV bei vielen Afghanen auf Widerstand. Die wiederholten Aufhetzungen von religiösen Führern, Tolu-TV sei “unmoralisch und anti-islamisch”, gipfelten 2005 in dem bislang härtesten Rückschlag für die noch junge afghanische Pressefreiheit. Am 18. Mai 2005 wurde die, kurz vorher entlassene, 24-jährige Moderatorin von Tolu-TV, Shaima Rezayee, in Kabul von Unbekannten auf offener Straße erschossen.

Wenige Tage später erreichte Tolu-TV selbst traurige Berühmtheit, als es ein Geiselvideo der italienischen Entwicklungshelferin Clementina Cantoni ausstrahlte.

Versuche in Jalalabad, im Osten des Landes, das erste private Kabelnetz aufzubauen scheiterten im October 2003. Seit Mai 2004 haben sich jedoch 17 neue Kabelnetzbetreiber beim Afghanischen Ministerium für Information und Kultur registrieren lassen. Mit dem Ziel einen abonnentenbasierten TV-Vertriebsweg für In- und Ausländische Sender in den afghanischen Metropolen zu errichten ist hier wohl in nächster Zeit mit gesteigerten Aktivitäten zu rechnen.

Da bis jetzt nur ein geringer Anteil der Bevölkerung Zugang zu afghanischem Fernsehen hat, empfängt ein Großteil der Afghanen ausländische Programme über Satellit. Die Sprachbarriere stellt aber hierbei in Anbetracht des schlechten Bildungsniveaus ein massives Problem dar.

Situation im Land

Afghanistan ist das Opfer von über einem Vierteljahrhundert Krieg. Zuerst die damalige UdSSR, später dann die Taliban und Al-Kaida überzogen das Land immer wieder mit kriegerischen Auseinandersetzungen.Als Erblasten dieses Krieges sind schätzungsweise 1,5 Millionen Todesopfer zu beklagen, die Analphabetenrate beträgt über 60% und zeitweise sind bis zu 6,5 Millionen Menschen nach Pakistan und Iran geflüchtet. Die Kriegsfolgen sind verheerend und von den Afghanen allein in absehbarer Zeit nicht zu bewältigen.Handel und Wirtschaft kamen zum Erliegen und erholen sich nur sehr langsam, der Zusammenbruch der Infrastruktur brachte erhebliche, noch heute nicht beseitigte Versorgungsprobleme. Straßen und Gebäude sind vielfach noch heute unbenutzbar, Versorgungseinrichtungen wie Strom- und Wasserwerke sind wegen ihrer alten Techniken hochgradig reparaturbedürftig. Trotz aller Umstände, die den Wiederaufbau erschweren, gehen die Menschen in Afghanistan mit Zielstrebigkeit, Beständigkeit und mit orientalischer Gelassenheit, daran, ihr Gemeinwesen wiederherzustellen und neu zu gliedern. Zahlreiche Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) sind im Land aktiv und helfen beim Wiederaufbau. Im Jahr 2004 wurde durch die “Loya Jirga” eine neue demokratische Verfassung aufgesetzt, die im Dezember 2004 die ersten freien Wahlen im Lande ermöglichte. Amtierendes Staatsoberhaupt ist Hamid Karzai. Trotz fortwährender Kämpfe und Unruhen im Land standen die Chancen für eine politische und gesellschaftliche Stabilisierung in Afghanistan nie so gut wie heute.

Daten Fakten

Amtsname: Islamische Republik Afghanistan

Lage: östlich vom Iran, nordwestlich von Pakistan

Fläche: 647.500 qkm (etwas weniger als doppelt so groß wie die Bundesrepublik), kein Zugang zum Meer.

Hauptstadt: Kabul

Bevölkerung: 29.928.987

Bevölkerungswachstum: 4,77 % p.a.

Kindersterblichkeit: 16%

Lebenserwartung: 42,9 Jahre

Analphetenrate: 64 %

Ethnische Zusammensetzung: Paschtunen (42%), Tadschiken (27%), Usbeken (9%), u.a.

Amtssprachen: Dari, Paschtu

BIP: 800 $ (pro Kopf)

Bevölkerung unter der Armutsgrenze: 53%

Inflationsrate: 10,3 %

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